Wie kann ich selbst ein Unternehmen bewerten?

Lesezeit: ca. 9 Minuten

Diesmal wollen wir uns einmal genauer ansehen, wie man selbst ein Unternehmen bewerten kann. Genauer gesagt: lohnt sich der Einstieg in die Aktie eines Unternehmens zum aktuellen Zeitpunkt überhaupt noch. Wir werden uns hierzu einige Kennzahlen aus der Fundamentalanalyse näher ansehen und auch einige Indikatoren aus der Technischen Analyse verwenden. Also in Wahrheit nutzen wir dieselben Werkzeuge, wie die Finanzprofis an den Börsen. Bei der Fundamentalanalyse empfiehlt es sich, nicht nur das letzte Jahr zu betrachten, sondern gleich die letzten 3- 5 Jahre. 

Achtung: dieser Artikel ist diesmal etwas länger und auch ein wenig technischer, als üblich. Ich habe aber dennoch versucht, alles so verständlich wie möglich zu beschreiben. 

Inhaltsverzeichnis

Tipps und Tricks aus der Fundamentalanalyse
KGV – Das Kurs Gewinn Verhältnis
KBV – Das Kurs Buchwert Verhältnis
KCV – Kurs Cashflow Verhältnis
Was uns die Technische Analyse bieten kann
RSI – Relative Strength Index
MACD – Moving Average Convergence Divergence
GD – Gleitender Durchschnitt
Und wenn wir schon dabei sind…
Fazit

Tipps und Tricks aus der Fundamentalanalyse

KGV – Das Kurs-Gewinn-Verhältnis

Die Formel:

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Die Erklärung:

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist generell eine häufig verwendete Kennzahl zur Beurteilung von Aktien. Oftmals werden hierfür Schätzungen für zukünftige Gewinne herangezogen. 

Der Gewinn je Aktie ist übrigens der Gesamtgewinn der Aktiengesellschaft dividiert durch die Zahl der ausgegebenen Aktien.

Diese Kennziffer sagt aus,

  1. mit welchem Vielfachen des Ergebnisses eines letzten Geschäftsjahres eine Aktie an der Börse bewertet wird. 
  2. wie viele Jahre es dauert, bis das Unternehmen den Wert seiner Aktien als Gewinn erwirtschaftet hat.
  3. wie oft der Gewinn im aktuellen Kurs einer Aktie enthalten ist.
  4. nach wie vielen Jahren der Gewinn den Preis der Aktie quasi „bezahlt“ hat.

Für einen Aktienkauf ist es umso besser, je kleiner das KGV ist. Wenn man sich nicht sicher ist, ob der angegebene Wert nun hoch oder niedrig ist, kann man die Aktie mit einer anderen vergleichen – und zwar möglichst aus derselben Branche. 

KBV – Das Kurs-Buchwert-Verhältnis

Die Formel:

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Erklärung:

Das Kurs-Buchwert-Verhältnis ist eine Kennzahl zur Beurteilung der Börsenbewertung einer Aktiengesellschaft. Es wird der Kurs einer einzelnen Aktie in Relation zu ihrem anteiligen Buchwert gestellt. Dieser bilanzielle Buchwert entspricht wiederum dem um einige Faktoren korrigierten Wert des Eigenkapitals. 

Das KBV gibt an, 

  1. ob ein Unternehmen unter oder über seinem bilanziellen Buchwert notiert.
  2. ob eine Aktie gemessen am Substanzwert des Unternehmens preiswert oder überteuert ist.

Eine traditionelle Theorie des sogenannten Value Investing besagt, dass eine Aktie umso attraktiver ist, je niedriger ihr KBV ist, und dass ihr fairer Wert in etwa dem Buchwert entspricht

Wie beim Kurs-Gewinn-Verhältnis gilt auch hier: Umso niedriger das KBV, umso günstiger ist die Gesellschaft bewertet.

KCV – Kurs-Cashflow-Verhältnis

Die Formel:

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Die Erklärung:

Das Kurs-Cashflow-Verhältnis ist eine Kennzahl, die das Verhältnis des Aktienkurses zum Cashflow je Aktie angibt. 

Achtung: es ist wichtig darauf zu achten, welche Art von Cash-Flow (z.B. Brutto-Cashflow, operativer Cashflow oder freier Cashflow) tatsächlich gemeint ist.

Das Kurs-Cashflow-Verhältnis ist wesentlich weniger anfällig gegen bilanzpolitische Manipulationen wie das KGV. Das KCV kann bei Unternehmen, die ihren Gewinn nach unterschiedlichen Rechnungslegungsvorschriften berechnen, eine bessere Vergleichbarkeit als das KGV liefern. Daneben können mit dem Kurs-Cashflow-Verhältnis verschiedene Gesellschaften miteinander verglichen werden.

Das KCV ist außerdem auch dann anwendbar, wenn das KGV, aufgrund eines ausgewiesenen Verlustes, keine sinnvolle Aussage ergibt.

Auch hier gilt wieder: eine Aktie ist umso preiswerter, je niedriger ihr KCV ist.

Achtung bei Wachstumsaktien:

Bei einem hohen Investitionsgrad ist der Free Cashflow oftmals verfälscht, aufgrund eines ungleichen Verhältnisses von Investitionen und Abschreibungen. 

Als Anleger solltest Du ganz besonders aufmerksam werden, wenn das KGV und das KCV weit auseinander liegen oder sich in einem Geschäftszeitraum unterschiedlich entwickeln.

Was uns die Technische Analyse bieten kann

Folgende grundsätzliche Annahmen sind mit Blick auf die Technische Analyse wichtig zu wissen (basierend auf der sogenannten Dow-Theorie):

  1. Die Marktbewegung diskontiert alles

Charttechniker gehen davon aus, dass alles, das den Kurs beeinflussen kann, auch tatsächlich im aktuell vorliegenden Marktpreis wiedergespiegelt wird. Dazu zählen insbesondere fundamentale, politische, psychologische und auch sonstige Einflussfaktoren (tägliche News!).

  • Kurse bewegen sich in Trends

Dies ist wahrscheinlich die wichtigste Prämisse auf der zahlreiche weitere Grundsätze aufbauen. Dieses Prinzip basiert auf dem Newtonschen Gesetz der Bewegung, das besagt: 

Ein Trend in Bewegung setzt sich mit größerer Wahrscheinlichkeit fort, als dass er sich umkehrt.“ 

Somit gilt es, Trends in frühen Phasen ihrer Entwicklung zu identifizieren und entsprechend erfolgreich zu handeln.

  • Die Geschichte wiederholt sich

Bei der Technischen Analyse kommt natürlich auch die menschliche Psychologie ins Spiel. Kursmuster, aber auch Übertreibungsphasen am Markt basieren oft auf psychologischen Phänomenen aller Marktteilnehmer, die regelmäßig zu beobachten sind. Oder auch anders formuliert: Der Schlüssel zum Verständnis der Zukunft liegt im Studium der Vergangenheit, oder die Zukunft ist eben nur eine Wiederholung der Vergangenheit.

RSI – Relative Strength Index

Der Relative Strength Index ist ein Preisfolgeindikator und vor allem für das Erkennen eines kurzfristigen Tief- oder Hochpunktes hilfreich. Jedoch sollte er nicht ausschließlich als Indikator verwendet werden. Er schwankt stets zwischen 0 und 100. Liegt der RSI oberhalb von 70, wird er als überkauft bezeichnet, ein Wert unterhalb von 30 gilt als überverkauft. Üblicherweise dient zur Berechnung ein Zeitraum von 14 Tagen – es können aber auch 8 oder 38 Tage sein. Dieser Indikator ist vor allem für das Erkennen eines kurzfristigen Hoch- bzw. Tiefpunktes sehr hilfreich. Der RSI unterstützt dabei das Erkennen von Trendwendepunkten der jeweiligen Aktie bzw. des jeweiligen Marktes. 

Achtung: In extrem steigenden oder fallenden Märkten kann er allerdings auch Fehlsignale generieren.

Wann entstehen also Kauf- bzw. Verkaufsignale?

Insgesamt müssen hier drei mögliche Szenarien unterschieden werden: 

  1. Steigt der RSI-Indikator vom 30er-Bereich aus von unten nach oben, so sollte dies als Kaufsignal dienen. 
  2. Kommt es jedoch zu einer Abwärtsbewegung (also schneiden der 70er-Linie von oben nach unten), so ist dies als Verkaufssignal zu werten.
  3. Ein drittes mögliches Szenario ist zu beobachten, wenn der RSI-Indikator Verlaufsunterschiede zum jeweiligen Aktienverlauf aufweist. Fällt die Aktie also während der RSI steigt, so deutet dies auf einen Trendwechsel hin.

MACD – Moving Average Convergence Divergence

Der MACD visualisiert das Zusammen- und Auseinanderlaufen des gleitenden Durchschnitts und ist ein sogenannter Trendfolge-Indikator. Trendfolge-Instrumente werden allgemein dazu verwendet, in bereits erkennbare Kurstrends einzusteigen und gewinnbringend auszusteigen, sobald der Trend bricht.

Für die Ermittlung des MACD werden zwei unterschiedliche exponentiell gewichtete gleitende Durchschnitte benötigt. Diese werden aus Datenreihen der Schlusskurse berechnet. Der MACD ist die Differenz zwischen dem kürzeren (schnelleren) und dem längeren (langsameren) Durchschnittswert. Zur Anzeige des Indikators werden zwei Linien und ein Histogramm verwendet. Als erstes gibt es die eigentliche MACD-Linie (in Chart-Tools meistens blau dargestellt), dann die Signallinie (oft rot dargestellt) und schließlich das Histogramm, welches die Differenz der ersten beiden bildet. Durch diese Darstellung werden Änderungen der Stärke, die Richtung, das Momentum und die Länge eines Kurstrends dargestellt.

Interpretation des MACD

  1. Ein steigender MACD zeigt den Aufwärtstrend einer Aktie an, ein sinkender einen Abwärtstrend. Je grösser der Abstand des MACD von seiner Nulllinie ist, desto kräftiger ist der Trend.
  2. Wenn die blaue MACD Linie die rote Signallinie nach oben kreuzt, entsteht ein Kaufsignal. Kreuzt der MACD dagegen die Signallinie von oben nach unten, rät das zum Verkauf.

Achtung: erreicht der Kurs einer Aktie neue Hochpunkte und werden diese nicht durch gleichzeitige Hochs im MACD bestätigt, wird von einer negativen Divergenz gesprochen. Das bedeutet, dass die Marktsättigung der Aktie hoch ist und bald mit zunehmenden Verkäufen der Aktie und somit einem sinkenden Kurs zu rechnen ist. Umgekehrt ist es ein positives Zeichen, wenn neue Tiefs der Aktie nicht mehr vom MACD bestätigt werden. Das kann darauf hinweisen, dass die Verkäufe der vorliegenden Aktie am Abnehmen sind.

Wie auch der Relative-Strength-Index liefert auch der MACD manchmal Fehlsignale und sollte daher mit immer mit Bedacht angewandt werden.

GD – Gleitender Durchschnitt

Ein gleitender Durschnitt ist vor allem für mittel- bis langfristige Investoren gut geeignet. 

Mit dem Gleitenden Durchschnitt (auch Moving Average genannt) wird der Verlauf einer Aktie über einen bestimmten Zeitraum hinweg dargestellt. So lässt sich leicht der Durchschnittskurs auf einen Blick erkennen. Mit steigender Anzahl von Perioden wird der Aktienverlauf mehr und mehr geglättet, um ein klareres Bild zu bekommen und Trends einfacher erkennen zu können. Die verwendete Periodenlänge ist unterschiedlich, liegt aber in der Regel bei entweder 38, 100 oder 200 Tagen.

Wenn man nun mehrere Gleitende Durchschnitte anwendet und quasi übereinanderlegt, lässt sich relativ rasch und einfach feststellen, ob ein Trend noch aktuell ist. Um langfristige Kursmarken festzustellen wird häufig der GD 200 genutzt. Viele Käufer und Verkäufer platzieren hier übrigens auch gerne ihre Kauf- oder Verkaufsaufträge.

Anhand der durch den GD entstehenden Linie lassen sich Tipps für den Umgang mit einer Aktie ablesen – also ob verkauft oder gekauft werden sollte. Wer sich mit dem GD ein wenig beschäftigt, wird hier schnell zum ambitionierten und auch profitierenden Kurvenleser. Notiert der Kurs eines Wertpapiers über dem gewählten Gleitenden Durchschnitt, dann kann man das als Bullisches-Signal (Kaufsignal) werten. Notiert der Kurs allerdings unter dem Gleitenden Durchschnitt, dann ist das als Bärensignal (Verkaufssignal) zu verstehen.

Solche Aussagen sind bitte auch immer mit ein wenig Vorsicht zu genießen und sollten nie alleiniger Bestandteil eines Entscheidungsfindungsprozesses sein.

Konkrete Kauf- und Verkaufssignale entstehen, wenn der schnellere (der mit der kürzeren Periode) der beiden eingeschalteten GDs den langsameren Gleitenden Durchschnitt von unten nach oben durchbricht. Ein Verkaufssignal entsteht hingegen, wenn der schnellere Moving Average den langsameren GD von oben nach unten durchbricht.

Der Vollständigkeit wegen möchte ich noch erwähnen, dass es mehrere Arten von Berechnungsmöglichkeiten des Gleitenden Durchschnitts gibt. Am häufigsten sind der SMA (Simple-Moving-Average) oder EMA (Exponential-Moving-Average).

Und wenn wir schon dabei sind…

Zum Zeitpunkt des Einstiegs solltet ihr euch auch immer noch die aktuellen Unternehmens-News der letzten Tage (oder vielleicht sogar der letzten 1-2 Wochen) ansehen. Warum? Weil es nie schaden kann, noch mehr Informationen über ein Unternehmen zu haben. 

Ein Beispiel:

Ihr plant gerade den Einstieg eures Investments in das Unternehmen X und habt gerade fleißig die fundamentalen Daten und auch die technischen Indikatoren geprüft. Ihr ordert also guten Gewissens diese Aktie.

Was ihr aber nicht gemacht habt, ist die aktuellen News zu verfolgen: Das Unternehmen vermeldet nämlich, das die Umsatzzahlen in einem der absatzstärksten Märkte (aus noch unbekannten Gründen) stark eingebrochen ist. Infolge dessen verlieren viele Investoren das Interesse und bringen ihre bisherigen (mageren) Gewinne in Sicherheit. Die Folge ist markttechnisch nur logisch: die Kurse sinken stark. Und somit verliert euer eben erst getätigtes Investment gleich am ersten Tag (ordentlich) an Wert. 

Noch eine Idee zu diesem Beispiel:

  1. Einen langfristig orientierten Investor wird dieser Kurseinbruch weniger stören als einen kurzfristig ausgerichteten Anleger.
  2. Man könnte diesen Kursrücksetzer auch gleich zum Nachkaufen nutzen und so insgesamt einen Mischkurs für die Investition generieren. 
  3. Ehrlich gesagt, kann dies immer wieder einmal passieren. Erstens macht man nur so Erfahrung am Börsenparkett mit dem eigenen Geld und weiß es beim nächsten Mal dafür dann besser. Und zweitens weiß man nun, dass es wichtig ist, die aktuellen News in seine Entscheidungen einfließen zu lassen. So kann man nämlich mitunter, bei guter fundamentaler und auch technischer Analyse, einen besseren Einstiegskurs erzielen, als ursprünglich gedacht – eben nur ein paar Tage später. 

Fazit

Neben der fundamentalen und der technischen Analyse eines Unternehmens/einer Aktie, lohnt sich immer auch der Blick auf die aktuellen Unternehmens-News. Dadurch kann sich ein zusätzlicher (wenn auch nur vielleicht ein kleiner) Kursgewinn zusätzlich erzielen lassen. 

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